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Ein Stückchen Rechenkunst steckt noch in dem merkwürdigen Stammbaum der Bienen. Die Ahnenreihe eines Zuchttieres, d. h. die Zahl der in den senkrechten Spalten von links nach rechts stehenden Ahnen bilden eine Zahlenreihe. Beim gewöhnlichen Stammbaum lautet die Reihe:
Zuchttier | Eltern | Großeltern | Urgroßeltern | Ururgroßeltern | usw. |
1 | 2 | 4 | 8 | 16 | 32 |
das sind die Potenzen von 2 |
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20 | 21 | 22 | 23 | 24 | 25 |
Beim Bienenstammbaum (Königin, Arbeiterin) lautet die Reihe: |
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1 | 2 | 3 | 5 | 8 | 13 |
Das Bildungsgesetz sei hervorgehoben durch die Schreibweise: |
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1 | 2 | 1+2 | 2+3 | 3+5 | 5+8 |
d. h. jedes Glied ist die Summe der beiden vorhergehenden. Diese Reihe heißt Fibonacci–Reihe [Italienischer Mathematiker (Pisa, 13. Jahrhundert)]. Die Ahnen der Zuchtdrohne allein bilden für sich ebenfalls eine Fibonacci–Reihe. Das gleiche gilt von den Ahnen der Zuchtkönigin allein. Nur heißt das erste Glied der Drohnen–Ahnenreihe stets 1. das erste Glied der Königin- oder Arbeiterin-ahnenreihe stets 2.
Das Geschlechtsverhältnis in der Bienen–Ahnenreihe ist ganz anders als im normalen Stammbaum, wo es 1 : 1 ist. Hier bei der Biene sind die Männchen deutlich in der Minderheit, abwechselnd mehr oder weniger in den einzelnen Generationen (senkrechten Spalten).
Die Männchenzahlen bilden wieder eine Fibonacci–Reihe:
Eltern | Großeltern | Urgroßeltern | Ururgroßeltern | Uuuge | Uuuuge | usw. |
1 | 1 | 2 | 3 | 5 | 8 | 13 |
Die Fibonacci–Reihe der Weibchenzahlen lautet: |
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1 | 2 | 3 | 5 | 8 | 13 | 21 |
Die Geschlechtsverhältnisse in den Spalten lauten also: |
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1/1 | 1/2 | 2/3 | 3/5 | 5/8 | 8/13 | 13/21 |
% Weibchen = |
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50 % | 66,6 % | 60 % | 62,5 % | 61,53 | 61,90 | 61,76 % |
Diese Geschlechtsverhältnisse bilden wiederum eine Reihe, deren Bildungsgesetz in die Augen springt: jeder folgende Bruch hat zum Zähler den vorhergehenden Nenner und zu seinem Nenner die Summe von vorhergehendem Zähler + vorhergehendem Nenner. Der Prozentsatz der Weibchen bewegt sieh im Zickzack erst stark ausschlagend, dann rasch schwächer; er pendelt auf einen Grenzwert zu, der, wie oben schon ersichtlich, zwischen 61,9 und 61,7 % liegen wird. In dieser Gegend liegt auch das Gesamtgeschlechtsverhältnis des ganzen Bienenstammbaums, also der Prozentgehalt an Weibchen, unter den gesamten Tieren einer Ahnentafel.
Die Fibonacci–Zahlenreihe spielt eine wichtige Rolle.
Das Geschlechtsverhältnis der Ahnen einer Biene ist nicht 1:1. Ungefähr 61,8 % der Ahnen sind Weibchen. Man unterschätze deswegen den Zuchtwert der Drohne nicht!
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Sowohl Arbeiterinnen als Königinnen haben zwar denselben Stammbaum nach rückwärts, aber einen ganz anderen nach vorwärts, weil die Arbeiterinnen unfruchtbar sind oder höchstens eine männliche Nachkommenschaft hervorbringen können, ein Punkt, der dem Züchter zu denken gibt. Unter unseren Zuchtzielen hatten wir eine ganze Reihe von Eigenschaften, welche überhaupt nur Eigenschaften der Arbeiterinnen sind. Können dann diese Arbeiterinneneigenschäften überhaupt vererbt werden, wenn die Trägerinnen dieser Eigenschaften sozusagen gar keine Nachkommen haben, sicher „ nie ” Nachkommen ihres Geschlechts haben können ?
Man sollte z.B. meinen, die merkwürdige Art, wie die Kaukasier–Arbeiterinnen den Nektar verarbeiten, müßte alsbald aussterben, weil die Königinnen und Drohnen, die allein einen Stammbaum fortsetzen, nie Nektar verarbeiten, also die Eigenschaft gar nie selbst aufweisen können.
Aber wenn ein Bastardvolk, dessen Stockmutter deutsch, aber von einer Kaukasier–Drohne begattet ist, wiederum die stark kaukasische Eigentümlichkeit der Honigbereitung aufweist, dann ist eben damit bewiesen, daß das Männchen, das die Honig bereitet, Arbeiterinneneigenschaften vererbt, nicht anders als der Stier, einem milchtüchtigen Rindviehstamm entstammend, die Milchleistung — eine ganz weibliche Eigenschaft, die an ihm selbst natürlich nicht in Erscheinung tritt — doch weitergibt in seinem Erbgut, das man sich zunächst als rein männlich vorstellen möchte.
Der entsprechend umgekehrte Fall steht auch fest: Die Farbe der Italiener–Königin, d. h. die Verteilung der schwarzen Chitinzeichnung, ist erheblich anders als die Verteilung der Chitinzeichnung bei der Drohne. Trotzdem wird die männliche Italienerfärbung vom Großvater durch die Tochter auf den Sohn vererbt, natürlich nur durch die Tochter, gleichgültig ob ihr Gatte deutsch oder italienisch war. Von der Theorie hier nur soviel:
Durch eine Reihe von Überlegungen kamen die Vererbungsforscher zum Ergebnis: Jedes Tier vererbt immer gleich zwei geschlechtliche Anlagen, sowohl eine Anlage für „ männlich ” als eine Anlage für „ weiblich ” (im Äußeren des Weibchens kommt zwar für gewöhnlich die männliche Anlage nicht in die Erscheinung, es kann aber auch Ausnahmen geben, z.B. die Hahnenfederigkeit älterer Hühner usw.).
Der Bienenzüchter muß in diesem Punkt den Theoretikern durchaus recht geben, wenn auch vereinzelte Imker, z.B. J. Hübner 1918, glauben machen wollten, es gäbe eine Vererbung „ von Volk zu Volk ”, also von Arbeiterin zu Arbeiterin. Es ist natürlich zuzugeben, daß es einen Nachahmungstrieb auch bei den Bienen gibt, z.B. beim Sterzeln, Stechen, Schwärmen und Sammeln, also ein Mitteilen und Weitergeben bzw. Einlernen. Aber das ist etwas ganz anderes als Vererbung, und mit dem Nachahmungstrieb würden auch die Rätsel der Vererbung sich nicht lösen lassen, denn wie sollte die frischgeschlüpfte Königin ihre monarchische Selbsterhaltungspolitik: das Erkennen und Abstechen ihrer Rivalinnen, gelernt haben, oder die erwählte Drohne das Verhalten beim Hochzeitsfluge (keine Drohne überlebt ja den Hochzeitsflug)!
Die Vererbung, und um solche handelt es sich auch in diesen merkwürdigen Fällen, findet durch die Geschlechtstiere statt, und es ist dies möglich, wenn sowohl das Männchen als das Weibchen je die männliche + weibliche „ Erbanlage ” enthält und weitergibt.
Die Drohneneigenschaften können ebenso wie die weiblichen Eigenschaften durch die Königin vererbt werden. Denn die Königin vererbt nicht nur die Anlagen für weibliche Eigenschaften, sondern auch die für männliche. Ebenso die Drohne. In jedem Zuchttier muß man zwei geschlechtliche Anlagen annehmen.